Funk in Braunschweig


Ein Zeitpunkt für den Beginn des "Amateurfunks" läßt sich sicher nicht definieren. In den USA wurde die "American Radio Relay League", ARRL, 1914 gegründet, die es auch heute noch gibt. Es gab aber in den USA schon vorher Funkverbände, die sich aktiv mit dem Senden beschäftigten. In Deutschland war die Situation weitaus schwieriger. Das "Gesetz über das Telegrafenwesen des Deutschen Reiches" vom 6. April 1892 hatte noch immer Gültigkeit, nach dem alle Arten von "Telegrammen" dem Staat vorbehalten waren. - Und dies im weitesten Sinne. Der Betrieb einer Sendeanlage war daher unmöglich.

Wann sich in Deutschland die "Radio-Amateure" oder "Funkamateure" - einen Unterschied gab es zunächst nicht - organisiert haben, ist mir nicht bekannt. Das war irgendwann in den Jahren 1922 und 1923, als die Kunde von den großen Erfolgen der Amerikaner auf dem Funkgebiet durch Europa ging. Es gab u. a. einen Klub namens Deutscher Radio-Klub E. V.. Die Satzung der Ortsgruppe Braunschweig ist am 2. März 1924 errichtet:

Satzung
des
Deutschen Radio-Klubs E.V.
Ortsgruppe Braunschweig

Zweck: Der Deutsche Radio-Klub, Ortsgruppe Braunschweig, bezweckt den Zusammenschluß aller Interessenten an dem Radio-Amateurwesen und gemeinsames Vorgehen mit anderen Vereinen. Er erstrebt eine möglichst große Freiheit des Radiowesens auf gesetzlicher Grundlage.... Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist ausgeschlossen, ebenso ein Zusammenschluß gewerblicher, politischer oder rein gesellschaftlicher Art.
Der Gesamtvorstand: Redakteur Rolf-Richard Kunze, Fabrikdirektor Arthur Riedel, Oberst a. D. Forke, Bergrat Goehlich, Zivilingenieur Schäfer, W. Miether, Zivilingenieur Thörel, Ingenieur Meyer, cand. phys. Ritzau


Am 8. März 1924 wurde zunächst auf Grundlage des Artikels 48 der damaligen Reichsverfassung eine "Verordnung zum Schutze des Funkverkehrs" erlassen. Sie begrenzte den Begriff "Funkanlagen" genauer. Danach konnten Privatpersonen eine "Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Funkempfangsanlage zum Privatgebrauch" erhalten:

Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Funkempfangsanlage zum Privatgebrauch

Allgemeines: Die Anlage dient zur Aufnahme des "Unterhaltungsrundfunks" und der "Nachrichten an Alle"; unzulässig ist die Aufnahme sonstigen Funkverkehrs und die Störung von Telegraphen-, Fernsprech- und Funkanlagen....


Unter den "Bedingungen" heißt es zur Empfangsanordnung: Es dürfen verwendet werden:
1. von der DRP zugelassenes und mit RTV gestempeltes Gerät (einschließlich Zusatzgerät und Röhren),
2. selbsthergestellte oder fertig gekaufte ungestempelte Detektor-Empfangsanordnungen ohne Empfangs- oder Verstärker-Röhren.
Das gestempelte Gerät besitzt folgende Eigenschaften: a) Wellenbereich 250 bis 700m; b) keine Schwingungserzeugung, auch nicht bei erhöhter Heiz- oder Anodenspannung. Änderungen... sind verboten.

Die Erlangung einer

Audion-Versuchserlaubnis
Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Funkempfangsanlage zum Privatgebrauch

war weitaus schwieriger, wie aus dem nebenstehenden Schreiben des Deutschen Radio-Klubs E.V., Ortsverband Braunschweig, hervorgeht.
Der Antragsteller mußte eine Prüfung ablegen, in der er "Kenntnisse" nachzuweisen hat. Die Prüfung wurde vor dem Prüfungsausschuß des Radio-Klubs abgelegt. Die Audion-Versuchserlaubnis wurde nach bestandener Prüfung vom Deutschen Radio-Klub Namens der Deutschen Reichspost erteilt.


Audion-Versuchserlaubnis

Empfangsanordnungen:
Die Inhaber der Audion-Versuchserlaubnis dürfen Empfangsanlagen aller Art, auch selbsthergestellte, unter Beobachtung folgender Vorschriften nach Maßgabe der Richtlinien für die Vereine der Funkfreunde benutzen:
1. (Einschränkung in Versuchen mit der Rückkopplung).
2. Es dfürfen nur Empfänger- und Verstärkerröhren mit dem Stempel oder der Banderole RTV verwendet werden.
3. Werden an dem von der DRP für Rundfunkteilnehmer zugelassenen und gestempelten Gerät Änderungen..... vorgenommen, so ist der Stempel der DRP unkenntlich zu machen.


Die Geschäftsstelle der Ortsgruppe Braunschweig (später auch "Bezirksgruppe" Braunschweig) befand sich in der Güldenstraße 24. Man traf sich regelmäßig im "Logenhaus" Okerstraße 13. Bei jedem Treffen gab es mehrere Vorträge. Im Saal des Logenhauses fand auch am 31. Januar 1925 das 1. Stifungsfest statt: Bestehend aus "gemeinsamer Tafel, ernsten und heiteren Vorträgen, musikalischen Darbietungen, Tanz und verschiedenen Überraschungen"..."Etwa einzuführende Gäste sind der Tafelordnung wegen namentlich aufzuführen"...Erster Vorsitzender der Bezirksgruppe Braunschweig war in dieser Zeit Dr. Seger.

Mit der Einladung zur Sitzung am 23. März 1925 wurde mitgeteilt, daß die vorläufige Versuchserlaubnis am 31. März 1925 ausläuft ?!

Ab 1. Juli 1925 erhielt nach einem Beschluß des Deutschen Radio-Klubs jedes Mitglied die Zeitschrift "Der Radio-Amateur": "Der Radio-Amateur erscheint vom 1. Juli ab wöchentlich einmal und enthält alle Programme der Deutschen Rundfunksender, sodass Sie nicht mehr nötig haben, sich eine andere Zeitung zu halten."

Aus den Mitteilungen des Deutschen Funk-Kartells, 2. Jahrgang, Nr. 3, Hamburg, den 15. März 1925, geht die Organisation der Verbände hervor:

Das Deutsche Funk-Kartell ist der Zusammenschluß der Deutschen Vereine von Funkfreunden.

Von der Deutschen Reichs-Post anerkannte unmittelbare Mitglieder des Kartells:

Deutscher Radio-Klub e.V., Berlin,
Funkverband Niederdeutschland e.V., Hamburg,
Mitteldeutscher Radioverband e.V., Leipzig,
Oberdeutscher Funkverband e.V., Stuttgart,
Ostdeutscher Radio-Klub e.V.,Königsberg,
Pommerscher Radio-Klub e.V., Stettin,
Süddeutscher Radio-Klub e.V., München,
Südwestdeutscher Radio-Klub e.V. Frankfurt a. M.,
Verein der Funkfreunde Schlesiens e.V., Breslau,
Westdeutscher Funkverband e.V., Münster i. W.,

Eine Meldung aus dem Mitteilungsblatt ist erwähnenswert:


Aus einem Einladungsschreiben vom 18. Juli 1925 geht hervor, daß die Bezirksgruppe einen Versuchssender betreibt:


Funk-Verein e. V. Braunschweig

In einer außerordentlichen Versammlung am 27. August 1925 wurde beschlossen, aus dem Deutschen Radio-Klub e. V. auszutreten und den Namen in "Vereinigung der Funkfreunde Braunschweig" zu ändern. Grund dafür war der Fortfall der Audion-Versuchserlaubnis und der Zwangsbezug der Zeitschrift "Der Radio-Amateur". Als neuer Name des Vereins wurde Funk-Verein e. V. , Braunschweig, eingeführt. Als Adresse der Geschäftsstelle wurde Hohetorwall 7 genannt. Die Treffen fanden weiterhin im Logenhaus statt.

Dass der Funk-Verein sich auch mit Fragen des Amateurfunks beschäftigt, geht aus einer Liste von Kursen vom 4. August 1926 hervor, zu denen auch ein Telegraphie-Kurs gehört.

Der engere und weitere Vorstand setzte sich 1926 wie folgt zusammen:

Gesetzlicher Vorstand: Dr. H. Serger, Ingenieur Kurt Müller.
Zusätzlicher Vorstand: W. Wachsmuth, Schriftwart; H. Lochte, stellvertretender Schriftwart; W. Kraft, Kassenwart.
Technischer Ausschuß: Ing. Karl Thörel; Gewerbelehrer K. Bieler; Betriebstechniker H. Meyer; Funkhändler H. Eckardt; Funkhändler Brandes; Betriebsleiter G. Osterkamp; cand. phys. H. Schmalbruch; Propagandaleiter W. Zilly

Der Funk-Verein beschäftigte sich auch mit der Sendetechnik. Auf einer Sitzung am 20. April 1929 wude ein Sende-Empfangsgerät "Siems - Ehni" vorgestellt:

Adolf Ehni war zu diesem Zeitpunkt 18 Jahre alt. Aus der Nachkriegszeit ist er vielen Funkamateuren unter dem Rufzeichen DL1SX noch in guter Erinnerung.


Funk-Verein, Braunschweig

In der Generalversammlung am 22. Januar 1930 wurde beschlossen, den Funk-Verein e.V. Braunschweig aufzulösen. Die bisherigen Mitglieder der Kurzwellengruppe schließen sich daraufhin zum "Funk-Verein, Braunschweig, zusammen:

Der Kurzwellen-Sender soll weiter betrieben werden. Hierzu wurde mit dem Besitzer des Grundstücks in Gliesmarode, Bahnhofstr. 13, Herrn Rudolf Blume, ein Pachtvertrag abgeschlossen.

Funk-Verein Kurzwellengruppe

Aus der Satzung:
§2: Zweck und Ziel des Vereins.
"Der Funk-Verein-Kurzwellen-Gruppe Braunschweig bezweckt den Zusammenschluß aller Freunde der drahtlosen Telephoni und Telegraphie und gemeinsames Vorgehen mit anderen Vereinen.- Der Verein arbeitet mit an der kulturellen Bedeutung des Rundfunks und macht sich insbesonders die technische Durchbildung seiner Mitglieder zur Aufgabe. Dieses soll erreicht werden durch theoretische und praktische Belehrung in Kursen und Vorträgen, durch Vorführungen u.s.w.- Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist ausgeschlossen.

Die Satzung ist datiert vom 20. Januar 1931 und unterzeichnet von W. Bremer, H. Bock, K. Bode, H. Andree, R. Goedicke, A. Bock und K. Kükelhan.

Die nebenstehenden Unterzeichner haben bestätigt, daß sie die Satzung erhalten haben.


Über die weitere Geschichte dieses Vereins ist leider nichts bekannt.


Amateurfunk in Braunschweig

Ein erstes "Lebenszeichen" der Funkamateure in Braunschweig kann man einem Beitrag aus dem "CQ-MB", Mitteilungsblatt des Deutschen Amateur-Sende- und Empfangsdienstes, DASD, Heft 2, Februar 1934, entnehmen:


Die weiteren Unterlagen aus der Vorkriegszeit sind sehr spärlich. In der CQ, Oktober 1938, Heft 10, ist der DASD-Organisationsplan veröffentlicht:

Landesverband D (Harzlande)
RPD Braunschweig-Magdeburg

FBL: Adolf Ehni, Braunschweig (D4fnd)
BV Braunschweig: BVF: Richard Hinz, Braunschweig-Gliesmarode,
OV Braunschweig: OVF: Fritz Lesemann, Braunschweig

Rufzeichen genehmigter Versuchsfunksender in Braunschweig, Stand 5. Mai 1939:
D4fnd, Adolf Ehni
D4fqd, Walter Arnold
D4fud, Fritz Steurer
D4nsd, Ernst Hermann Mühlen
D3cod, Ernst Tiefenbach
D3god, Ewald Fischer
D3ivd, Wolfgang Hinze

Nach dem zweiten Weltkrieg waren die Probleme zunächst nicht geringer, zu einer Lizenz zu gelangen. Hier ein paar Dokumente zur Gründung des OV Braunschweig:




Die Mitgliederliste des Ortsverbandes Braunschweig nach seiner Gründungsversammlung am 18.07.1947 enthielt 38 Namen. Erster OVV war Gerhard Ohage, sein Stellvertreter war Albrecht Heinrichs, DL1SV

Zuletzt geändert: 16.06.2005